Freie Szene und Bundeskulturpolitik: Rückzug der Kulturstaatsministerin von freien Produktionshäusern

Pressemitteilung des Kulturrats NRW

Der Rückzug der Kulturstaatsministerin von freien Produktionshäusern und den Bundeskulturfonds trifft die Kulturszene in NRW hart.

Für das nordrhein-westfälische Kulturleben war es ein wichtiges Signal, als sich im Jahr 2015 sieben internationale Produktionshäuser zu einem Bund zusammenschlossen und die Bundesregierung diesen Bund mit 4 Mill. Euro förderte. Mit dem Tanzhaus NRW, PACT Zollverein und dem Forum Freies Theater sind gleich drei Häuser aus NRW dabei. Seither gehen sie gemeinsame Produktionen an, qualifizieren abgestimmt freiberufliche Künstlerinnen und Künstler, initiieren Digitalisierungen und mehr. Auch Personal wurde aus diesen Mitteln dafür eingestellt.

Nun wendet sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth von den Häusern ab. Laut dem Kabinettsbeschluss zum Bundeshaushalt soll es 2025 für sie keine Bundesförderung mehr geben. Projekte laufen ins Leere, Foren für die freie Szene werden eingestellt, angestellte Kräfte stehen vor der Kündigung.

Die bestürzende Entwicklung geht mit einer radikalen Sparmaßnahme bei den Bundeskulturfonds einher: Kunstfonds, Fonds Soziokultur, Musikfonds, Amateurmusikfonds, Fonds Darstellende Künste, Literaturfonds, Übersetzerfonds und Festival-Förder-Fonds – im Durchschnitt verlieren sie die Hälfte ihres Etats. Einzelne trifft es noch härter, der Amateurmusikfonds wird sogar auf ein Fünftel reduziert. Die Kürzung der Bundeskulturfonds betrifft wiederum vor allem die freie Szene der Künstlerinnen und Künstler, denn von ihr kommen die Anträge an die Fonds.

Viele in Planung befindliche Projekte werden jetzt nicht stattfinden, viele Anträge werden statt an die Bundesfonds an die Förderer in den Ländern gestellt werden. Damit wird das Haus von Claudia Roth der Verantwortung der Bundeskulturpolitik nicht gerecht. Der inzwischen auf über zwei Milliarden gestiegene – und auch in diesem Jahr steigende – Etat des BKM kann sich nicht auf Hauptstadtkultur und repräsentative Einzelprojekte beschränken. Diese Perspektive der Bundeskulturpolitik betonte richtigerweise auch der Koalitionsvertrag, der die freie Szene eigens in den Fokus nahm und gerade das Bündnis internationaler Produktionshäuser als „Innovationstreiber“ weiter fördern wollte. Die aktuellen Kürzungen und Streichungen stehen in klarem Widerspruch zu dieser Zielsetzung.

Lorenz Deutsch, Vorsitzender des Kulturrats NRW

Kontakt: presse@kulturrat-nrw.de / 0221-178 98209

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