Corona-Rundbrief Nr. 32 / Mitglieder-Informationen (27.01.2021)

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Fortsetzung des Lockdowns bedeutet die Fortsetzung der Probleme für die Kultur. Obwohl die Stufenpläne für den Ausstieg vorbereitet werden, auch durch die NRW-Landesregierung, ist völlig offen, wann genau das geschehen kann. Wir müssen uns wohl auf harte Monate einstellen.

In dieser Situation ist die Realisierung unserer seit Monaten erhobenen Forderung dringlich: Das Stipendienprogramm für Künstler*innen muss fortgesetzt werden. Das hat die Landesregierung im Kulturausschuss des Landtages zugesagt ohne dazu jedoch konkrete Angaben zu machen. Oliver Keymis nannte für die Fortsetzung der Kulturprogramme eine notwendige Summe von 200 Millionen Euro. Das entspricht auch unserer Position.

Komplementär sind die Programme des Bundes wichtig, also das Programm Neustart-Kultur, dessen neue Bedingungen noch nicht bekannt sind. Es wird in Berlin darüber noch beraten. Das 1-Milliarde-Programm des Bundes wird aufgestockt werden. Im Gespräch sind weitere 1,5 Milliarden.

Wir diskutieren zur Zeit gemeinsam mit den Sparten den Referentenentwurf des neuen Kulturgesetzbuches. Es soll neben einer notwendigen gesetzlichen Regelung für Bibliotheken und Musikschulen das bisherige Kulturfördergesetz ersetzen. Den Kulturförderteil können wir in der vorgelegten Fassung nicht akzeptieren. Er bleibt hinter dem alten Gesetz zurück. Die Förderziele und die Förderverpflichtungen des Landes werden u.a. erheblich abgeschwächt. An zahlreichen Punkten sehen wir Verbesserungsbedarf. Neben einigen Änderungen können wir bisher nicht erkennen, dass das Land mit dem neuen Gesetz einen Schritt nach vorn macht. Wir bereiten zur Zeit eine umfassende Stellungnahme vor.

Auch das geplante Kunsthochschulgesetz stößt auf erhebliche Bedenken. Wir stehen zu alledem in einem engen Meinungsaustausch mit der Regierung.

Mit den Kultursprechern des Landtags treffen wir uns am 3.2., um u.a. die Hilfsprogramme, das Kulturgesetzbuch, die Novellierung des WDR-Gesetzes sowie die Intentionen der von uns angeregten Kulturkonferenz zu besprechen. Wir werden ihren Blick auch jetzt schon auf die Landtagswahlprogramme zur Kulturpolitik lenken. Es darf keinen Stillstand geben.

Wir stellen fest, dass die Arbeitsbelastung für die in den Verbänden Tätigen zur Zeit enorm hoch ist. Es ist hoch anzuerkennen, dass sie in dieser Situation ihre ganze Kraft einbringen. Wir behandeln nicht nur die drängenden Pandemiefolgen, sondern auch die Perspektiven der Kulturpolitik in unserem Lande. Die dazu gemeinsam mit dem Städtetag und den Kultursekretariaten geplante Kulturkonferenz findet am 5. Mai 2021 in Dortmund statt.

Wir stehen weiter in Kontakt mit den Kulturverbänden in einigen Bundesländern, um sie bei der Absicht, dort Landeskulturräte zu bilden, zu unterstützen.

 

Im Einzelnen gibt es folgendes zu berichten:

Corona-Hilfsprogramme 2021 

Im Ausschuss für Kultur und Medien des nordrhein-westfälischen Landtags wurde offen über ein neues Stipendienprogramm des Landes für Künstler*innen in der Corona-Krise gesprochen. Wir begrüßen das sehr. Vielleicht kann es schon März/April weitergehen. Die dringende Notwendigkeit ist gegeben. Blicken wir auf die wirtschaftspolitisch geprägten Hilfsprogramme: Wir hören in Beratungsgesprächen mit Künstler*innen immer wieder, dass die vom Bundeswirtschaftsministerium geprägten Hilfsprogramme der Überbrückungshilfe I/II/III, das November- und Dezembergeld sowie die „Neustarthilfe“ innerhalb der Überbrückungshilfe III für freischaffende Künstler*innen nicht funktionieren. Auch wenn Soloselbständige konkret adressiert sind, funktionieren die Programme für diese nicht, auch nicht für diejenigen, die nicht Künstler*innen sind, aber deren Dienstleistungen auf das Kulturleben gerichtet sind.

Hilfsprogramme der Bundesregierung 

Der Deutsche Kulturrat hat von geplanten Verbesserungen in der Überbrückungshilfe III und der Neustarthilfe erfahren, doch sind wir skeptisch, ob sich diese für die Künstler*innen unter dem Strich auswirken werden. Das Hauptprogramm liegt in den sehr diversen Einkommen der Künstler*innen. Dieser Verschiedenheit der Einkünfte werden die Programme nicht gerecht, und die veränderten Prozentzahlen in den geplanten Verbesserungen werden dem wohl ebenso wenig gerecht werden.

Verdienstvoll ist das „Neustart Kultur“-Programm der Staatsministerin für Kultur und Medien, das über Kulturverbände, -fonds und -initiativen abgewickelt wird. Eine Milliarde Euro investiert die Bundesregierung hier, und am 25.1. teilte der Deutsche Kulturrat in seiner Presseerklärung mit, dass Kulturstaatsministerin Monika Grütters 1,5 Milliarden Euro zusätzlich aus dem Bundeshaushalt für coronabedingte Hilfen für die Kulturszene beantragt. Im Haushaltsausschuss des Bundestages will sie diese Woche für die zusätzlichen Mittel werben. Das unterstützen der Deutsche Kulturrat und selbstverständlich auch wir.

Einen Überblick über die “Neustart Kultur”-Unterprogramme geben der Deutsche Kulturrat und die Bundesregierung auf https://www.kulturrat.de/corona-pandemie/neustart-kultur/. Der neueste Programmteil stellt seit dem 21. Januar über die Initiative Musik weitere 6 Millionen Euro für Musikfestivals bereit. Unter dem Titel „Erhalt und Stärkung der Musikinfrastruktur” (Kleinst- und Ein-Tages-Musikfestivals sowie ‘Umsonst & Draußen’-Festivals) startet das Online-Antragsverfahren am 1. Februar 2021. Doch auch der Umfang und die Vielfalt an “Neustart Kultur”-Unterprogrammen ändert nichts daran, dass vielen Künstler*innen das Wasser bis zum Halse steht.

Was heißt das für das Land NRW?

Das Stipendienprogramm des Kulturministeriums NRW vom Sommer 2020 war erfolgreich und wir erkennen diese Leistung des Ministeriums und der Bezirksregierungen hoch an. Insgesamt sind 14.868 Anträge gestellt worden, wie die Ministerin Pfeiffer-Poensgen im Ausschuss für Kultur und Medien bekannt gab. Davon wurden 12.903 genehmigt; abgelehnt wurden nur 1.532. Auf die Bildende Kunst entfielen 22,5 %, auf die Darstellende Kunst 12,1 %, Film 7,5 %, Literatur 3,3 %, Musik 35,6 %, spartenübergreifend 13,6 % und Tanz 3,2 %.

Im Bereich der Bezirksvertretung Arnsberg wurden 10 % der Anträge gestellt, im Regierungsbezirk Detmold 4,3 %, im Regierungsbezirk Düsseldorf 30,4 %, im Regierungsbezirk Köln 50,5 % und im Regierungsbezirk Münster 7,3 %. Köln bleibt damit die Hochburg der freischaffenden Künstler*innen. Mit diesen Zahlen als differenzierte Grundlage kann man in die Planung des kommenden Stipendienprogramms gehen, das wir dringend brauchen.

Wir werden auch weiterhin das “Stärkungspaket Kunst und Kultur” des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW benötigen, auch wenn es hieß, dass von den 85 Millionen, die für die Kultureinrichtungen in NRW 2020 bereitgestellt wurden, ein guter Teil nicht abgerufen wurde. Diejenigen Einzelprogramme des Stärkungspakets, die in Absprache mit uns und unseren Mitgliedsverbänden gestaltet wurden, haben gut funktioniert – ich nenne nur die Programme mit der Soziokultur, mit den freien darstellenden Künsten, mit den Musikclubs, mit den Musikvereinen und Chören im Landesmusikrat und auch die Zahlungen, die den hiesigen Antragstellern bei den Bundesprogrammen von „Neustart Kultur“ die notwendigen Eigenanteile ermöglichen. Die sich fortsetzende Krise wird den Bedarf bei den Kultureinrichtungen vergrößern und so wird auch das Stärkungspaket des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW weiter ausgebaut werden müssen.

Beratung zu Corona-Hilfsprogrammen

Eine kompetente Beratung in Bezug auf die Corona-Hilfsprogramme ist dringender denn je erforderlich. Wir hatten eine erfreuliche Videokonferenz mit dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW, das uns ermutigte, unsere Beratungstätigkeit zu intensivieren, und finanzielle Unterstützung anbot. Achtmal haben unsere Mitgliedsverbände Landesmusikrat NRW, NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste, Filmbüro NW und wir selbst zu Zoom-Workshops mit einem Steuerberater eingeladen, der über die Hilfsprogramme sowie deren Chancen und Risiken informierte und dabei auch individuell beriet. Alle Workshops waren ausgebucht. Wir streben an, sie in einen wöchentlichen Rhythmus zu bringen und auch welche mit einem inhaltlichen Schwerpunkt für Kultureinrichtungen anzubieten. Auch möchten wir die telefonische Corona-Sprechstunde des Kulturrats NRW fortsetzen. Dies alles noch unter dem Vorbehalt eines Bewilligungsbescheids.

Kulturkonferenz „Zukunft.Kultur.NRW“

Die Vorbereitungen der Kulturkonferenz sind in vollem Gange. Sie ist als Hybridveranstaltung konzipiert und wird am 5. Mai 2021 im Dortmunder U stattfinden. Das Grußwort wird Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen halten. Folgende sieben Themenfelder stehen auf dem Programm: 1. Neues urbanes Kulturleben; 2. Kulturleben im ländlichen Raum; 3. Kulturinfrastruktur; 4. Kunstförderung und Sozialpolitik; 5. Diversität; 6. Digitalisierung; 7. Kultureinrichtungen der freien Szene. Der Fokus der Tagung liegt auf der übergreifenden Frage nach Grundlagen für eine künftige Kulturförderung. Die Themenfelder werden jeweils durch zwei Referate eingeleitet, die einen eher abstrakten Blick von außen und einen praxisbezogenen Blick von innen auf das Thema werfen. Arbeitsgruppen gestalten die Einzelbereiche im Detail aus und formulieren erste Ergebnisse. Am Ende des Kongresses sind Vertreter aus dem Ministerium für Kultur und aus der Politik eingeladen, den Tag zu bilanzieren und den kulturpolitischen Prozess weiterzudenken. Im Nachgang der Tagung sind Online-Foren zur Weiterführung der Arbeitsgruppen und eine Beobachtung der Impulse in Form von Monitorings vorgesehen. Die Kulturkonferenz wird veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Städtetag NRW und den Kultursekretariaten NRW in Wuppertal und Gütersloh. Auch die Kulturpolitische Gesellschaft beteiligt sich. Nähere Informationen erhalten Sie demnächst auf unserer Website.

WDR

Der Programmausschuss des Rundfunkrates wird in der nächsten Zeit ein Werkstattgespräch „Kultur. Wird der WDR dem Kulturauftrag gerecht?“ durchführen. Der Kulturrat NRW ist intensiv in die Vorbereitungen zu diesem Werkstattgespräch einbezogen.

Den Kulturrat NRW erreichte die Nachricht, dass in WDR 3 die Formate „Das Gedicht“, „Die Buchrezension“, und „Das Lesezeichen“ wegfallen und im Samstagsgespräch des Kulturmagazins “Mosaik” literarische Themen weitestgehend nicht mehr vorkommen werden. In Abstimmung mit der Sektion Literatur wird der Kulturrat NRW den WDR um Stellungnahme ersuchen und diese Entwicklungen kritisch diskutieren.
Der Entwurf des „Gesetzes zur Änderung des WDR-Gesetzes, des Landesmediengesetzes Nordrhein-Westfalen und zur Änderung weiterer Gesetze (19. Rundfunkänderungsgesetz)“ sieht vor, den Literatursitz im Rundfunkrat des WDR zu streichen. Dies wird der Kulturrat NRW auf politischer Ebene hinterfragen und kritisieren.

Kultur- und Kreativwirtschaft

Während die Kultur- und Kreativwirtschaft aus dem Referentenentwurf des Kulturgesetzbuches still und heimlich herausgeschrieben wurde, zählt sie zu unserem Kulturbegriff im Kulturrat NRW. Gerade die Corona-Krise zeigt, wie wesentlich das Kulturleben von Geschäfts- und Erlösmodellen abhängt, weit mehr als von öffentlicher Kulturförderung. Unsere Kolleg*innen von Creative NRW wollen die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Kultur- und Kreativwirtschaft im Jahr 2020 untersuchen. Sie benötigen eine rege Beteiligung, um zu validen Aussagen zu kommen. Deshalb bitte wir Sie die nachfolgenden Links zu verbreiten und die Fragen auch selbst zu beantworten.
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Kunsthochschulgesetz

Sorge bereitet uns der Entwurf des neugefassten Kunsthochschulgesetzes, der am 20. Januar in einer gemeinsamen Anhörung des Wissenschaftsausschusses und des Ausschusses für Kultur und Medien im Landtag NRW diskutiert wurde. Der Gesetzesentwurf sieht einschneidende Änderungen beim Status und bei den Beschäftigungsverhältnissen der Lehrbeauftragten vor. Er will 25 Lehrbeauftragten feste Stellen im Mittelbau der Kunsthochschulen bieten und dafür den Anteil der 900 Lehrbeauftragten am Gesamtlehrdeputat auf 30 Prozent reduzieren, was sehr viele von ihnen den Vertrag kosten wird. Auch will das Gesetz sie nicht mehr als Mitglieder der Hochschule sehen, sondern definiert sie als “Angehörige” mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Sozialversicherungsgegebenheiten. Dabei sorgen Lehrbeauftragte für den weit überwiegenden Teil des Lehrangebots, sie arbeiten in Prüfungs- und auch Aufnahmeprüfungskommissionen, sie tragen die Gremien bis hin zum Senat mit und sie werden dafür allenfalls bescheiden honoriert. Sachverständige forderten, zuerst die festen Beschäftigungsverhältnisse in ausreichender Zahl einzuführen und dann erst an den Status zu gehen. Dem kann man nur folgen.

Mit freundlichen Grüßen
Gerhart Baum
Vorsitzender

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