Rundbrief des Kulturrats NRW und des Landesmusikrats NRW vom 23. Juli 2021
Liebe Künstler*innen und Kulturschaffende,
die Verheerungen des Starkregens haben auch im nordrhein-westfälischen Kulturleben und in den Kulturverbänden große Bestürzung ausgelöst. Vereine initiieren Aktionen, umeinander mit Rat und Tat, aber auch finanziell zu helfen. Benefizkonzerte werden vorbereitet, um Mittel zu generieren, die ohne jeden Verwaltungsaufwand an Geschädigte fließen können. Selbst der Sächsische Musikrat plant, Einnahmen eines Konzerts am 6. August 2021 in der Lutherkirche Radebeul an Vereine in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz zu spenden. Viele der sächsischen Mitbürger*innen haben das Oder-Hochwasser und seine drastischen Auswirkungen auf viele Ortschaften noch eindringlich in Erinnerung. Wir wissen diese Hilfsbereitschaft sehr zu schätzen.
Wichtig ist das Engagement von Vereinen vor Ort, die in der Lage sind, Mittel rasch und auf direktem Wege an Geschädigte zu geben. In Erftstadt hat der Musikverein „Gut Klang“ eine Hilfsinitiative für Familien von Erftstädter Musiker*innen gestartet. Über die Entwicklung dieser Initiative informiert die Facebook-Seite von Gut Klang. Das Spendenkonto ist eingerichtet bei:
Gut Klang Erftstadt
IBAN: DE43 3705 0299 0199 0014 44
Verwendungszweck: GK-hilft
Die Stadt Erftstadt hat gleichfalls ein Spendenkonto für die Opfer der Flut eingerichtet:
IBAN: DE 20 3705 0299 0190 2794 24.
Verwendungszweck: Hochwasser.
Über weitere Initiativen des Kulturlebens vor Ort, die man finanziell unterstützen kann, sei es in Schuld, Ahrweiler, Euskirchen, Erftstadt, Stolberg, Wuppertal, Hagen oder eine andere Kommune informieren wir Sie in unseren kommenden Rundbriefen. Weitere Adressen für Spenden für die Flutopfer finden Sie u.a. auch auf der Website des Landesmusikrats als Meldung vom 20. Juli 2021.
Corona-Maßnahmen
Die Landesregierung hat nach Kräften versucht, die Folgen der Corona-Schutzmaßnahmen für die nordrhein-westfälische Gesellschaft und auch für das Kulturleben zu mindern und finanziell zu kompensieren. Wir haben an einigen der Landeshilfsprogramme Kritik geübt und sind in Dialoge mit den zuständigen Ressorts der Landesregierung getreten. Rundum loben können wir die beiden Stipendienprogramme des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW, die sehr vielen Künstler*innen wesentlich geholfen haben, aber auch einzelne Hilfsaktionen, die aus dem Stärkungsfonds des Ministeriums für Kultureinrichtungen finanziert worden sind. Gleichwohl bleibt viel zu tun und einer Antwort des Finanzministeriums an den Haushalts- und Finanzausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags vom 21. Juni 2021 zufolge sind von dem 25-Milliarden-Euro-Rettungsschirm des Landes erst 6,3 Milliarden Euro ausgegeben worden.
Wir haben deshalb dem Kulturministerium und den Kulturpolitischen Sprechern der Landtagsfraktionen den Vorschlag eines Maßnahmenpakets übersandt. Es beinhaltet Maßnahmen zur Förderung der Grundkosten freier Träger nach den coronabedingten Verlusten, zur Kulturellen Bildung, zur Individuellen Künstler*innenförderung, zum Miteinander von Kulturwirtschaft und Kulturförderung und zur Förderung der Digitalität im Kulturleben, dies alles unter Berücksichtigung der Diversität der Gesellschaft in NRW.
Auch die SPD-Landtagsfraktion hat einen Vorschlag zu einem Maßnahmenplan vorgelegt und zur Stellungnahme eingeladen. Wir werden uns zu den kulturrelevanten Maßnahmen äußern und auch diese Initiative konstruktiv begleiten.
Nach den beiden erfolgreichen Landes-Stipendienprogrammen für Künstler*innen hat nun die Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters weitere 90 Millionen Euro für Stipendienprogramme der Verwertungsgesellschaften zur Verfügung gestellt. 16.000 professionell tätige und soloselbstständige Künstler*innen, Journalist*innen sowie weitere Kreative können für Entwicklungsvorhaben, Projekte, Recherchen oder für künstlerische Aus- und Fortbildung je 5.000 Euro erhalten. Die GEMA und die GVL setzen jeweils 30 Millionen Euro um, die VG Wort und die VG Bild-Kunst jeweils 15 Millionen Euro. Damit ergeben sich auch für nordrhein-westfälische Künstler*innen Möglichkeiten, ihre Vorhaben abgesichert fortzusetzen.
Auch der Stärkungsfonds des Kulturministeriums sollte zur Finanzierung von weiteren Maßnahmen herangezogen werden.
Kulturgesetzbuch für NRW
Wir sehen zwei Anhörungsterminen des Ausschusses für Kultur und Medien des Landtags NRW entgegen: Am 26. August werden Verbände und Einrichtungen zum Regierungsentwurf insgesamt gehört; am 16. September zu Spezialregelungen des Gesetzes, darunter Regelungen zu den Bibliotheken und zu den Musikschulen. In einem sehr guten Dialogverhältnis zum Ministerium für Kultur und Wirtschaft haben wir schon viele Vorschläge zum Gesetzesvorhaben einbringen können. Doch es bleiben noch Forderungen, die wir an den Terminen schriftlich und mündlich vorbringen werden.
Sonderfonds Kulturveranstaltungen des Bundes
Der von Bundesfinanzminister Scholz unter federführender Mitwirkung von Kulturstaatsministerin Grütters bereitgestellte Sonderfonds Kulturveranstaltungen ist mit 2,5 Milliarden Euro ausgestattet und hat seine Arbeit aufgenommen. Viele Veranstalter*innen haben sich für die Wirtschaftlichkeitshilfe und für die Ausfallabsicherung registrieren lassen. Die Beträge, die diese Veranstalter*innen damit reserviert haben, machen insgesamt bald eine Milliarde Euro aus. Das Instrument wird also gut angenommen, doch es ist auch sehr nötig. Auf allen Seiten spüren wir das Zögern der Veranstalter*innen, angesichts von wieder steigenden Sieben-Tage-Inzidenzzahlen und der ungewissen Herbstsituation wieder Veranstaltungen vorzubereiten.
Doch ohne das Engagement der Veranstalter*innen wird das Kulturleben auf niedrigem Niveau weitergehen, besonders in den Sparten der Musik und der darstellenden Künste. Der Sonderfonds Kulturveranstaltungen ist deshalb das richtige Instrument zur richtigen Zeit. Wir können nur dazu ermuntern, von der Risikoabsicherung Gebrauch zu machen. Wir stehen in Dialogen mit den Zuständigen im Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW, das sich für die Umsetzung des Fonds besonders engagiert, und über den Deutschen Kulturrat auch mit den Gestalter*innen des Fonds auf Bundesebene. In diesen Dialogen können wir Problemfälle ansprechen und Nachbesserungen anregen, zum Beispiel in Bezug auf die Bagatellgrenze und die Möglichkeit, mehrere Veranstaltungen in einem Antrag zu kumulieren, um über die Bagatellgrenze zu kommen.
Der Sommer bringt also wenig Ruhe – viel ist zu tun.
In diesem Sinne
Ihr Gerhart Baum, Vorsitzender des Kulturrats NRW
Reinhard Knoll, Präsident des Landesmusikrats NRW