Kürzungen in der NRW-Kultur werden konkret – Freie Tanzszene und Filmkultur besonders betroffen

Pressemitteilung des Kulturrats NRW

Lorenz Deutsch: „Wir brauchen mehr Transparenz in der Kulturförderung.“

Zum Jahresende bewahrheiten sich die Befürchtungen der Kulturszene. Auch die Förderungen des Landes werden – entgegen anderslautenden Ankündigungen – in einigen Bereichen teils drastisch und kurzfristig gekürzt, so berichten mehrere Sektionen innerhalb des Dachverbands Kulturrat NRW.

Die seit 1994 vom nrw landesbuero tanz getragene internationale tanzmesse nrw fällt aus der Förderung für das Jahr 2025/26 des Landes NRW raus. Nach 30 Jahren will sich das Ministerium für Kultur und Wissenschaft für die kommende Ausgabe aus der Förderung zurückziehen. Auch das Tanznetzwerk International Dance Artist Service (IDAS NRW) erhält nach fünfzehn Jahren kurzfristig ab Januar keine Förderung mehr, damit ist die weitreichende Unterstützung für Tanzkünstler*innen aus NRW gefährdet. Mit dem Wegfall von IDAS NRW und dem Rückzug des Landes aus der Tanzmesse wird nicht nur die strukturelle Förderung des Tanzes geschwächt, sondern auch der internationale Austausch nachhaltig erschwert. Das Tanzland NRW droht, seine internationale Strahlkraft zu verlieren. Betroffen ist allerdings auch der Tanz in der Fläche: So wird das Projekt „Tanz OWL”, eine interkommunale Kooperation der Städte Bielefeld, Gütersloh, Herford, Paderborn, Minden und Detmold ab 2025 ebenfalls gestrichen. Der ländliche Raum Ostwestfalen verliert damit ein Leuchtturmprojekt.

Gekürzt wird im Bereich der darstellenden Künste zudem die Initiative Cheers for Fears, ein Netzwerk für Nachwuchskünstler*innen, das seit zehn Jahren Studierende auf dem Weg der Professionalisierung begleitet und auch ein Festival betreibt. Damit entfällt ein wichtiges Strukturprojekt. Interessantes Detail: Hier werden drei Projekte aus dem Bereich Tanz und Theater gekürzt, obwohl die Titel-Untergruppe für die Freie Tanz- und Theaterszene im Haushaltsentwurf sogar um rund 400.000 Euro wächst. Woher also der Druck?

Betroffen ist auch die Filmkulturszene: Mit knapp 15 Prozent weniger Finanzmitteln muss das Netzwerk Filmkultur NRW ab nächstem Monat auskommen. Dies bedeutet den Wegfall aller Veranstaltungen sowie Kürzung der Personalstunden – für die ohnehin schon unterrepräsentierte Sparte ist das besonders lähmend. Auch darüber wurde die Geschäftsstelle erst vor wenigen Tagen informiert.

Das Regionale Kultur Programm NRW (RKP) berichtet für das Förderjahr 2025 von einer drohenden Kürzung der Projektfördermittel für vernetzte Kultur von rund 30 Prozent bzw. 1,4 Mio. Euro zum Vorjahr. Diese Einschnitte treffen für die Regionen bedeutende Projekte in ländlichen Räumen, in denen das RKP mit seiner Förderung der interkommunalen und interdisziplinären Zusammenarbeit wichtige Impulse leistet und wesentlich auf die kulturelle Infrastruktur vor Ort einzahlt.

Hinzu kommen Informationen darüber, dass spartenübergreifend Stipendien und Projektförderungen reorganisiert werden sollen – schon zum Vollzug des kommenden Haushaltsjahrs. Zu den Details der geplanten Umstrukturierungen gibt es aus dem Kulturministerium keine Informationen. Erste Veränderungen zeichnen sich aber schon ab: Museen und Kunstvereine beispielsweise können ihre Anträge erst jetzt stellen, mit einer Deadline bis Ende Januar, statt wie üblicherweise Ende Oktober. Das bedeutet: Für Projekte im ersten Halbjahr 2025 gibt es dort kaum eine Umsetzungsperspektive.

Insgesamt bietet sich ein Bild großer Intransparenz. Die Sorge in der Kulturszene ist groß, dass es zu weiteren Einschnitten kommen wird. Nach dem Ausbleiben der versprochenen Erhöhungen wurde hervorgehoben, dass der Kulturetat nicht gekürzt werden muss. Es zeigt sich aber nun in den konkreten Förderentscheidungen, dass Kürzungen und Streichungen vorgenommen werden. Ob die Entscheidungen konzeptionell oder finanziell begründet sind, bleibt unklar.

Der Kulturrat NRW fordert ein nachvollziehbares Konzept, inwieweit Einsparungen notwendig sind und nach welchen Kriterien sie erfolgen. Und wir fordern Verwaltungsprozesse, die den Zuwendungsempfängern Planungssicherheit ermöglichen. Dazu braucht es Dialog. Für die Entwicklung sachgerechter Förderstrukturen schlagen wir ein Abstimmungsgremium vor, das unter Einbeziehung von förderverwaltenden Ebenen und Intermediären sowie den Förderempfängern möglichst schlanke, aber zielführende Lösungen entwickelt. Der Kulturrat NRW steht als Gesprächspartner bereit.

Lorenz Deutsch, Vorsitzender

Kontakt: E-Mail: presse@kulturrat-nrw.de / Tel.: 0221-178 98209

Nach oben scrollen