Corona-Rundbrief Nr. 28 / Mitglieder-Informationen (30.09.2020)

Im Mittelpunkt unserer Aktivitäten steht nach wie vor die Bekämpfung der Folgen der Pandemie, also die Hilfsprogramme von Land und Bund. Wir stehen in engem Kontakt mit der Landesregierung und mit den auf Bundesebene Verantwortlichen, wie auch mit dem Deutschen Kulturrat. An unserer Vorstandssitzung am vergangenen Montag nahm Frau Prof. Keuchel, Präsidentin des Deutschen Kulturrats, teil.

Selten gab es, wie in diesen Tagen, so viele Foren zu kulturpolitischen Fragen, von denen einige auch von WDR 3 aufgenommen wurden. Zu erwähnen ist die Düsseldorfer Tagung „Kultur der / Freiheit / der Kultur“ der beiden NRW-Kultursekretariate, sowie eine Diskussion zur Zukunft der Förderung bildender Künstler*innen am 2. Oktober. Im Kulturausschuss des Landtags haben wir am 1. Oktober erneut Gelegenheit, unsere Positionen zur Diskussion zu stellen. Vor allem wird es auch darum gehen, was geschieht, wenn die Programme ihre Wirkung verlieren.

Zum Kulturgesetzbuch finden Gesprächsrunden mit der Landesregierung statt. Dieser Prozess der Meinungsbildung wird sich mit Anhörungen im ganzen nächsten Jahr fortsetzen. Er gibt Anlass dazu, die Bedeutung der Kulturpolitik für unser Land immer wieder zum Thema zu machen. Deshalb werden wir auch die Kulturpolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen am 11. November zur Fortsetzung des regelmäßigen Gedankenaustauschs treffen.

Mit dem Städtetag NRW stehen wir in ständigem Austausch zur Vorbereitung einer Kulturkonferenz, die im kommenden Jahr die Kulturförderung auf den Prüfstand stellen soll. Die Corona-Krise hat teils wie mit einer Lupe Untiefen in der Absicherung des Kulturlebens und speziell der hauptberuflichen Künstler*innen herausgestellt. Vieles davon muss auf die künftige Kulturpolitik Einfluss haben.

Mit dem Deutschen Kulturrat in Berlin sind wir im Gespräch, um die Kulturpolitik der Länder auf Bundesebene, also im Rahmen des Deutschen Kulturrats, stärker zur Geltung zu bringen. Dazu ist es notwendig, dass in allen Ländern Landeskulturräte gebildet werden, um alle Kräfte zu bündeln und einen umfassenden Austausch von Informationen und Meinungen zu ermöglichen. In neun Bundesländern gibt es bereits Zusammenschlüsse der Kulturverbände auf Landesebene. Nicht alle können wie ein Dachverband ihre Stimme erheben, doch bieten sie gute Voraussetzungen, Kulturräte zu entwickeln. 16 Landeskulturräte wären die ideale politische Plattform, um der Kulturhoheit der Länder in der Bundesrepublik Ausdruck zu geben.

Zu den ungelösten Probleme, die durch die Pandemie noch deutlicher sichtbar geworden sind, zählen auf Bundesebene vor allem die soziale Absicherung der Solo-Selbständigen, die Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie in nationales Recht, das Steuerrecht, das Verhältnis von Projektförderungen zu institutionellen Förderungen. Hier finden Sie dazu auch den Link zum Kulturpolitischen Wochenreport 39 des Deutschen Kulturrats.

Ein inhaltliches Schwerpunktthema wird für uns weiterhin Kulturelle Bildung sein, deren Bedeutung in der Diskussion um digitale Bildung zu kurz kommt. Wir haben dazu ein gutes Gespräch mit der NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer geführt.

Landesprogramme
Das Stipendienprogramm des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW läuft nach wie vor reibungslos. Wir haben dem Ministerium für gute Vorbereitung ein Kompliment gemacht. Die Bezirksregierungen wickeln die Förderverfahren mit großer Geschwindigkeit ab. Mit den 105 Millionen Euro stehen Mittel für 15.000 Stipendien zu 7.000 Euro zur Verfügung. Wie wir hören, sind an die 1.000 Stipendien noch nicht vergeben. Eine Verlängerung der Antragsfrist steht im Raum, ist aber noch nicht gesichert.

Widersprüchliche Informationen erhalten wir zur gegenseitigen Anrechnung von Stipendiengeldern und Lebenshaltungskosten in der Überbrückungshilfe Plus aus dem Wirtschaftsbereich. Ein Vertreter des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW hat uns versichert, dass das Ministerium die Bezirksregierungen zur einheitlichen Handhabung in unserem Sinne angehalten hat, d.h. keine Anrechnung.

Zudem entwickelt das Ministerium das Hilfsprogramm für Kultureinrichtungen, den Kulturstärkungsfonds. Der öffentliche Startschuss fiel am 10. September, doch in weiten Teilen ist noch nicht klar, in welcher Weise und über wen es abgewickelt werden wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden. Zu den ausführenden Einrichtungen zählen die Soziokultur NRW für die soziokulturellen Zentren und das NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste über seinen Bereich der freien Szene. Einzelheiten der Förderverfahren machen diese Einrichtungen auf ihren Websites bekannt.

Bundesprogramme
Nach Anlaufverzögerung kommen sie in Gang. Die Verzögerung ist zum Teil dadurch entstanden, dass in der Ausführung der “Neustart Kultur”-Programme Bundeskulturverbände und -kulturfonds einbezogen sind und dass die Förderverfahren dann im Detail von beiden Seiten festgelegt werden müssen. Eine zeitliche Verlängerung der Förderzeiträume in das nächste Jahr hinein ist geplant.

Vergeblich haben wir von der Staatsministerin für Kultur und Medien gefordert, dass sie die Mittel für Stipendien in der Musikszene, die sie über den Musikfonds in die Szene gibt, ergänzt, so dass nicht nur Neue Musik und Improvisierte Musik gefördert werden. Unser Einsatz für die anderen Genres schlug fehl. Staatssekretär Günter Winands sieht keinen finanziellen Spielraum für ein “soweit gefasstes Programm für alle Bereiche außerhalb der zeitgenössischen Musik”, das “ein Vielfaches der Mittel” benötige (Schreiben vom 23. September). Über einen so selektiven Einsatz von Corona-Hilfsmitteln für das Kulturleben können wir nur staunen.

Das Stärkungsprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums ist in seinen Kriterien so unzureichend konzipiert, dass die Mittel nicht abfließen. Die Staatsministerin für Kultur und Medien und der Deutsche Kulturrat bemühen sich um Verbesserungen im Kulturbereich. Im Übrigen weisen wir darauf hin, dass der ordentliche Haushalt des Bundes für 2021 eine Erhöhung des normalen Kulturetats um sieben Prozent vorsieht.

Kulturgesetzbuch für NRW
Es hat zwar schon Gesprächsrunden zwischen dem Kulturministerium und Vertreter*innen von Kulturverbänden und -einrichtungen gegeben, doch wir kennen den Textentwurf zum Kulturgesetzbuch noch nicht. In diesen Tagen will das Ministerium den so genannten Referentenentwurf fertigstellen und mit den betroffenen Ressorts der Landesregierung abstimmen. Danach soll der Entwurf Mitte November ins Kabinett gehen, eine Anhörung der Verbände wird folgen. Nachdem der Entwurf dann den Landtagsfraktionen im Frühjahr zugegangen ist, werden diese wohl eine weitere Anhörung der Verbände ansetzen. Es gibt also noch Möglichkeiten der Einflussnahme für uns. Unsere Position haben wir in einem intensiven Diskussionsprozess erarbeitet und bereits Einfluss auf die Willensbildung des Ministeriums genommen. Über unsere Vorschläge und Stellungnahmen halten wir Sie auf dem Laufenden.

Digitalisierung
Unsere Arbeitsgruppe Digitalisierung hat am 19. Mai 2020 Vorschläge zu Digitalisierungsmaßnahmen im Kulturleben an Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen gesandt. Am 20. September hat die Ministerin geantwortet und die Vorschläge grundsätzlich begrüßt. Sie weist darauf hin, dass ihr Haus einige der Vorschläge bereits im Rahmen des Projekts “Neue Künste Ruhr” der Ruhrkonferenz verfolgt. Dazu zählt die Frage nach neuen und fairen Erlösmodellen für künstlerische Formate, die digital angeboten werden. Das Ministerium erarbeitet ein Konzept, das technische Ausstattungen und entsprechendes Knowhow zugänglich machen soll. Vom Ruhrgebiet sollen diese Lösungen als modellhaft ins Land verbreitet werden.

Wir haben auch Vorschläge bezüglich der bislang üblichen Förderverfahren gemacht, zu denen die Ministerin bemerkt, dass sie kontinuierlich mit den Bezirksregierungen über Möglichkeiten der Optimierung berät. Bezüglich der von uns ins Spiel gebrachten investiven Maßnahmen weist sie auf die beiden Digitalprogramme im Rahmen von “Neustart Kultur” der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien hin. Wir bleiben mit dem Kulturministerium NRW im Gespräch und halten Sie auf dem Laufenden.

WDR
Die Anpassung neuer Programmschemata auf WDR 5 und WDR 2 hat zu öffentlichen Diskussionen geführt. Hierzu forderten wir in einer Pressemitteilung den WDR am 29.09. auf, den gesetzlich geregelten Kulturauftrag weiterhin zu erfüllen und zu verstärken. Dies betrifft sowohl die Kulturberichterstattung als auch kulturelle Hörfunksendungen und -formate. Seitens der Programmdirektion NRW, Wissen, Kultur ist vorgesehen, die durch die Kooperationskündigung des NDR neu zu planenden Informations-Sendestrecken zu kürzen und gleichzeitig die entfallenden NDR-Mittel durch Einsparungen u.a. bei den Kultursendungen zu kompensieren.

Dies betrifft qualitativ hochwertige Sendungen wie den „Stichtag“ auf WDR 2 als auch das „Zeitzeichen“ auf WDR 5. Weiterhin sind Kürzungen bei der Anzahl der Eigenproduktionen von Hörfunk-Features, Umformatierungen bei Literatur- und Musiksendungen geplant. Wir fordern: Statt Kürzungen vorzunehmen, müssen gerade in der derzeitigen Gesamtlage die bekannten und herausragenden WDR-Hörfunk-Sendungen vielfach präsenter werden, Synergieeffekte mit dem Internet (Podcasts) konzipiert und die Kulturberichterstattung insgesamt intensiviert werden. Mit Sorge sehen wir auch, dass die Kulturkompetenz der Regionalprogramme ungenügend ist.

 

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Gerhart Baum
Vorsitzender des Kulturrats NRW

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