Pressemitteilung zur Corona-Krise (15.05.2020)

NRW braucht einen kulturpolitischen Gesamtplan. Die bisherigen Entscheidungen können nicht das letzte Wort sein. Kulturrat NRW im Kulturausschuss des Landtages.

Der Ausschuss für Kultur und Medien des Landtags NRW beschäftigte sich am 14. Mai mit der Situation der Kultur in NRW in der Corona-Krise. Der Kulturrat war mit Gerhart Baum und Reinhard Knoll zu der Sitzung eingeladen. Es wurden zunächst die bekannten Argumente ausgetauscht. Es hat sich nicht viel bewegt, doch zeichneten sich einige Zukunftsperspektiven ab. Kulturministerium Pfeiffer-Poensgen erläuterte die  Entscheidungen der Landesregierung und weitere  bekannte Maßnahmen der Landesregierung. Wir trugen die Positionen vor, die wir in den letzten Tagen kommuniziert haben. Im Einzelnen:

1. SOFORTHILFE

Der Abbruch der Soforthilfe habe zu großer Enttäuschung in der Kulturszene geführt. Die Vertreter des Landes verwiesen darauf, dass der Bund seiner Verantwortung nicht gerecht geworden sei. Es wurde noch einmal deutlich, dass das Land seine Position nicht ändern werde. Wir haben erneut bemängelt, dass die Betroffenen ab 1. Mai auf Arbeitslosengeld angewiesen sind. Staatsekretär Klaus Kaiser erklärte,  dass er in Kontakt mit der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit stehe, um die starren, nicht künstlergerechten Voraussetzungen zum Bezug von Arbeitslosengeld zu verändern. Diese Position wurde auch von den Abgeordneten unterstützt. Wir begrüßten diese Initiative. Wir werden sehen, welches Ergebnis auf Regionalebene erzielt werden kann. Möglicherweise liegt der Schlüssel für tragfähige Änderungen beim Bundessozialminister: eine kulturfreundliche Nachbesserung ist notwendig.

Was die Umsetzung der Landesentscheidungen angeht, haben wir auf die offenen Fragen hingewiesen und darum gebeten, über Einzelheiten, so über die Anrechnungsregeln noch zu verhandeln. Unser Beratungsdienst wurde gelobt. Das Land hat einer Verlängerung um einen Monat zugestimmt. Der Kulturpolitische Sprecher der SPD berichtete, dass der Antrag der SPD-Fraktion, eine Regelung für die Lebenshaltungskosten der Künstlerinnen und Künstler für Mai zu finden, gerade im Haushalts- und Finanzausschuss gescheitert war. Wir kritisieren das. Die Kulturpolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen machten deutlich, dass eine Nachbesserung für alle Soloselbständigen gelten müsse, das koste pro Monat 200 Mio. Euro und dafür seien „die Schultern des Landes zu schmal“.

2. NEUE FÖRDERUNGSPERSPEKTIVE

Unabhängig vom unzureichend gelösten Probleme der Soforthilfe haben wir einen umfassenden Plan für die Entwicklung der Kultur in der Krise eingefordert. Wir vermissen ein Programm, dass die Maßnahmen des Landes bündelt und erweitert und Perspektiven entwickelt. Wir appellierten an die politisch Verantwortlichen, sich jetzt  u.a. einer projektbezogenen Förderung von Gruppen und Einzelpersonen zu öffnen. Förderung wird an künstlerische Aktivitäten geknüpft. Auf diesem Wege erfolgt  auch eine unmittelbare und mittelbare Künstlerförderung. Wir haben nachdrücklich dafür geworben, die Programme anderer Bundesländer zum Vorbild zu nehmen. Hessen fördert mit 5o Mio., Bayern mit 2oo Mio. solche Programme. Für das einwohnerstarke NRW müssen höhere Summen kalkuliert werden. Der allgemeine Rettungsfonds des Landes müsste dazu herangezogen werden.

Dieser Vorschlag wurde nicht im Einzelnen diskutiert. Dennoch hatten wir den Eindruck, auch nach der Reaktion der Ministerin, dass Bereitschaft besteht, über diesen Vorschlag weiter zu diskutieren. Die Ministerin hat auch darauf hingewiesen, dass die Umsetzung der Förderzusagen, auch wenn Veranstaltungen ausfallen, ein Volumen von 120 Mio. umfasst. Das kann nicht übersehen werden, aber ist nicht der Schlüssel für die Lösung der Corona-Probleme. Auch andere Länder verfahren so und legen dennoch  die genannten Zusatzprogramme auf den Tisch.

3. WEITERENTWICKLUNG

Eingefordert haben wir erneut die Unterstützung für bauliche Veränderungen, die durch Corona Auflagen notwendig werden; und eine Förderung der  privaten Kultureinrichtungen nach dem Vorbild von Hessen. Begrüßt haben wir das 4,4 Mio. Programm zur Unterstützung der soziokulturellen Zentren als einen Anfang.

4. BUNDESSTRUKTURFONDS

Gesprächsgegenstand waren die zu erwartende; in der Diskussion befindliche Förderung des Bundes. Stichwort: Bundesstrukturfonds. Hier zeichnet sich nach jüngsten Äußerungen von Kanzlerin und Bundesfinanzminister ab, dass die Kultur im Rahmen des Konjunkturpakets berücksichtigt werden soll, das für Anfang Juni angekündigt ist. Im Ausschuss bestand Einigkeit darüber, dass die besorgniserregende Situation der Gemeinden, Rettungsmaßnahmen erfordert. Wir haben keine Kenntnis, wie dieses Programm ausgestaltet wird und welche Wirkung es auf unser Land haben wird.

5. DIALOGE

Die Kulturministerin kündigte an, mit allen kulturellen Sparten in Gespräche einzutreten. Wir begrüßen diese Absicht.

6. FAZIT

Die Grundlage für weitere Gespräche zu den genannten Themen ist gelegt. Das Treffen im Landtag hat erneut den Willen zum Ausdruck gebracht, durch gemeinsame Anstrengungen die Kultur durch die Krise zu bringen. Nachdrücklich forderten wir: Die bisherigen Entscheidungen können nicht das letzte Wort sein.

 

Gerhart Baum, Vorsitzender des Kulturrats NRW

Reinhard Knoll, Stellvertretender Vorsitzender des Kulturrats NRW und Präsident des Landesmusikrats NRW

 

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