Steuerschätzung – Sorgen um die NRW-Kulturszene wachsen

Lorenz Deutsch: Ministerin Brandes muss sich vor die Künstlerinnen und Künstler stellen!

Spätestens mit der Veröffentlichung der aktuellen Steuerschätzung steht zu befürchten, dass sich die seit Monaten kursierenden Gerüchte über drohende massive Kürzungen in der NRW-Kulturszene bewahrheiten könnten. Die Besorgnis unter den Kulturschaffenden wächst. Der Kulturrat NRW hofft sehr, dass die zahlreichen längst ausstehenden Bewilligungen von Förderungen, die Beschluss im laufenden Haushalt sind, nicht schon als Einsparpotential genutzt werden. Konkrete Kürzungen im Jahr 2024 hatte die Ministerin für Kultur, Ina Brandes, bei Einbringung des Haushaltes 2024 ausgeschlossen. Dieses Wort muss jetzt zählen!

Schon die Landeskulturhaushalte der vergangenen beiden Jahre blieben meilenweit hinter dem im Koalitionsvertrag angekündigten 50-prozentigen Aufwuchs zurück, 2024 gab es bereits die erste echte Kürzung, die sich allerdings aus Rücklagen auffangen ließ. Aus den Regierungsfraktionen hieß es darüber hinaus, man halte an dem avisierten Aufwuchs – über die gesamte Legislatur hinweg betrachtet – fest. Ein erneutes Minus karikiert nicht nur diese Behauptung endgültig, sondern wird zum existenziell bedrohlichen Problem; insbesondere für die wirtschaftlich vulnerable Freie Szene.

Bedroht von gekürzter Förderung sind beispielsweise Theaterhäuser, Tanzfestivals und Institutionen der Filmkultur, soziokulturelle Zentren und in der Folge viele Einzelkünstlerinnen und -künstler, die aufgrund des reduzierten Programms immer weniger spielen könnten oder weniger Aufträge erhalten. Auch der Bereich der Kulturellen Bildung mit so wichtigen Teilbereichen wie Leseförderung bliebe nicht verschont.

Bereits im laufenden Haushaltsjahr sieht es alles andere als rosig aus. Als Folge gestiegener Energie- und Betriebskosten kämpfen viele Kultureinrichtungen ums Überleben. Am Programm wird schon jetzt gespart. Gleichzeitig liegen vielen Institutionen noch keine Bewilligungen vor. Damit befinden sie sich am Rande der Insolvenz, obwohl ihre Mittel offiziell in den aktuellen Haushaltplan des Landes eingestellt sind. Für die vielen ehrenamtlichen Vorstände der zivilgesellschaftlichen Initiativen und Vereine eine alarmierende Situation. Ganz zu schweigen von den zahlreichen noch nicht bewilligten Projektförderungen über alle Kultursparten hinweg. Nicht wenige Projekte, auch ganzjährig durchlaufende, drohen damit auszufallen.

Und was ist mit der im Kulturgesetzbuch verankerten Einführung von Honoraruntergrenzen? Über deren konkrete Umsetzung dringen keine Informationen nach außen, eine Richtlinie lässt auf sich warten. Dieses kulturpolitische Projekt, das in der NRW-Ausprägung bundesweit Beachtung fand, muss endlich Gestalt annehmen. Inklusive einer angemessenen Finanzierung durch das Land NRW. Versprochen wurde diese von Anbeginn der Diskussion – und daran muss trotz schwieriger Zeiten festgehalten werden. Sonst droht ein Kahlschlag in der Kulturszene und eine gute Idee wird in ihr Gegenteil verkehrt.

Wir werden nicht müde zu betonen: Die Kulturbranche und mit ihr die Freie Szene sind ein wichtiger Motor für Innovation, für gesellschaftlichen Zusammenhalt und somit nicht zuletzt auch die Basis für unsere Demokratie. Kunst schafft Räume für öffentliche Auseinandersetzungen, unterschiedliche Perspektiven werden in Beziehung gesetzt und ins Gespräch gebracht. Diese starke gemeinschaftsbildende Relevanz muss eine entsprechende Abbildung in den Haushalten behalten. Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, diese Orte aufzugeben.

Der Kulturrat NRW fordert die Verantwortlichen der Landesregierung auf, sich deutlich für den Erhalt einer vielfältigen Kulturlandschaft einzusetzen, konsistente Konzepte für die Kulturförderung transparent zu kommunizieren und von Kürzungsvorhaben abzusehen – gerade in Zeiten, in denen auf die Rolle der Kultur für eine stabile demokratische Gesellschaft nicht verzichtet werden darf.

Lorenz Deutsch,
Vorsitzender des Kulturrat NRW

Kontakt: E-Mail: presse@kulturrat-nrw.de / Tel.: 0221-178 98209

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